Mittwoch, 6. Mai 2009

Vanguard 02: Rufe den Donner

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Buchbesprechung Dilmore, Kevin; Ward, David: Vanguard 02: Rufe den Donner. Cross cult, 2006.

Story: Erilon und Palgrenax sind zwei völlig verschiedene Welten. Die eine wird von lebensfeindlichen Eismassen beherrscht, die andere von Staub und Vegetation. Der eine Planet ist gänzlich unbewohnt, der andere hingegen beherbergt ein primitives Volk. Auf Erilon wurde ein Forschungscamp der Sternenflotte aufgeschlagen; Palgrenax ist ein von den Klingonen eroberter Planet.
Und doch eint beide Orte eine unheimliche Bedrohung. In den Gewölben der uralten Ruinen, die auf beiden Welten zu finden sind, lauert ein fremdes Wesen, das damit begonnen hat, die fremden Eindringlinge wieder in ihre Schranken zu verweisen und ihre Neugier mit der Wucht tödlicher Gegenschläge zu beantworten.
Doch wie begegnet man einem übermächtigen Gegner, dem Phaserfeuer und bat’leth-Hiebe nichts anhaben können und mit dem eine Kommunikation aussichtslos erscheint? Wie wehrt man sich gegen das planetare Verteidigungssystem, das sogar in der Lage ist, den gesamten Planeten selbst zu zerstören?
Während Tholianer und Klingonen auf einen Krieg zusteuern, versucht die Besatzung der Sternenflottenstation Vanguard, dem Mysterium der fremden Artefakte auf den Grund zu gehen. Doch die Antworten auf die Fragen um das Metagenom müssen mit Blut erkauft werden…

Lobenswerte Aspekte: „Rufe den Donner“ ist unheimlich spannend geschrieben und es ist fast unmöglich, mit dem Lesen aufzuhören, da man von den beschriebenen Ereignissen selbst beim zweiten Lesen noch immer in einen Bann gezogen wird. Für Leute mit schwachen Nerven ist dieses Werk mit Sicherheit kein geeigneter Lesestoff.
Unter den ersten drei bislang erschienen Büchern dieser Reihe ist es das beste, und funktioniert auch ohne den Auftritt irgendwelcher „Gaststars“ problemlos. Wie sein Vorgänger vereint es gekonnt die unterschiedlichsten Informationen aus den verschiedensten Star-Trek-Serien und –Filmen. Besonders hervorzuheben sind dabei die ab und zu erwähnten Schicksale von Personen, die auf jenen Planeten eine neue Heimat fanden, von denen der gut informierte Leser weiß, dass diese längst von den Neuralparasiten aus der TOS-Episode „Spock außer Kontrolle“ heimgesucht wurden. Ebenfalls genial liest sich, wie die Autoren den Auftritt der Romulaner mit den Ereignissen aus der Folge „Spock unter Verdacht“ verknüpften. Eventuell aufkeimendes Unverständnis für das plötzliche Aufkreuzen eines romulanischen Schiffes wird somit geschickt unterbunden, während man gleichzeitig die Auswirkungen der Geschehnisse in der Taurusregion clever mit der allgemeinen politischen Situation verflochten sieht.
Die kluge Einführung gibt sogar Lesern eine Chance, die den ersten Teil noch nicht kennen, und der Suche nach dem Metagenom mit Fragezeichen begegnen. Doch in diesem Buch kann er auch ohne großes Vorwissen erfahren, in welchem Zusammenhang dieses Stück hoch entwickelter Gentechnik mit dem Volk der Shedai steht. Diese neue Rasse ist gekonnt beschrieben und ihre übermächtige Kampfkunst lässt die Gefahr, die für Föderation wie Klingonen besteht, erahnen.
Es ist den beiden Autoren Dilmore und Ward ebenfalls geglückt, den Geist der "Ära der fliegenden Fäuste" einzufangen, wie sie dem Zuschauer der TOS-Serie vertraut ist. Die Disziplinierungsmaßnahmen Dr. Leones oder der Überfall der Weltraumpiraten fügen sich nahtlos in dieses Bild ein und vermitteln einen lebendigen Abbild dieser Zeit.
Insgesamt lassen sich dazu auch beinahe sämtliche positive Aspekte hinzufügen, die bereits in der ersten Rezension zum Pilotband der Vanguard-Reihe zu lesen waren. Doch der zweite Teil schafft es, den hohen Standard seines Vorgängers zu übertreffen und die Meßlatte für kommende Roman noch ein paar Zentimeter höher zu hängen.

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Vanguard 02: Ein Risiko für jeden Herzschrittmacher

Kritikwürdige Aspekte: Inhaltlich gibt es nur wenig zu beanstanden, denn etwaige Widersprüche wie der Auftritt der Romulaner oder die Nutzung eines Schiffes der Daedalus-Klasse werden gut erklärt und logisch in den Gesamtkontext miteingebaut.
Doch zwei im Buch gegebene Informationen widersprechen sich, vielleicht aufgrund der Tatsache, dass zwei unterschiedliche Autoren an diesem Buch schrieben, ein wenig. Während auf der Seite 28 nämlich noch zu lesen war: „Die meisten Geschäfte und Bars […] hatten rund um die Uhr geöffnet, damit alle, die in dem Dreischichtensystem arbeiteten, versorgt werden konnten.“ heißt es auf S. 398: „Auch wenn die meisten zivilen Geschäfte - abgesehen von ein paar Kneipen, die sich über Stars Landing verteilten – bis zum Morgen geschlossen waren, gingen die Sternenflotten-Operationen rund um die Uhr weiter.“.
Schade fand ich ebenfalls, dass die Deutschen im Roman ziemlich negativ dargestellt werden. So ist Dietrich Meyer, Mitglied des Diplomatischen Corps, der Klassenklown, der sicherlich nicht zu Unrecht das d'k tahg Lugoks zu spüren bekam. Der andere Deutsche namens Müller hingegen fällt durch massive Wehrkraftzersetzung auf.

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the worst of the wurst – Deutschländer sind voll doof

Was nach dem ersten Band irgendwie fehlt, ist ein ausklappbarer Mittelteil mit bunten Schemata. Natürlich wäre es doof, noch einmal die Station zu zeigen, doch das Buch bietet ja auch andere lohnenswerte Objekte, die sicherlich einen genaueren Blick vertragen könnten: Das Shedai-Relikt, die USS Lovell, die Rocinante oder die Omari-Ekon.
Doch all diese Kritikpunkte fallen kaum ins Gewicht, da sie durch die mitreißende Handlung mehr als ausgeglichen werden. Nur ein hartnäckiger Kritikpunkt schafft es, selbst ein prinzipiell so gutes Buch zu ruinieren: Die Übersetzung.
Es ist wirklich – ich bitte diesen Ausdruck zu verzeihen - zum Kotzen. Die Übersetzerin und auch der Lektor müssen entweder massivem Zeitdruck ausgesetzt worden sein, oder sollten ihre Berufswahl noch einmal gründlich überdenken. Die Fehler ähneln denen des Vorgängerromans, übertreffen dessen Quote jedoch um Längen.
Was zuerst einmal auffällt, sind die vielen Buchstabendreher bei Eigennamen. So liest man, um nur einen Bruchteil wirklich zu benennen, etwa zuweilen von „Khatmai“ (S. 45) statt „Khatami“, „Zaho“ (S. 48) statt „Zhao“ oder „Saith“ (S. 23) statt „Sarith“. Den Botschafter „Jetanien“ findet man sogar in abweichenden Schreibweisen wie „Jentanien“ (S. 145) oder „Jetainen“ (S. 375), wobei anzumerken ist, dass letztere Schreibweise sogar über mehrere Seiten beibehalten wird. Trauriger Höhepunkt dieser offenkundigen Inkompetenz beim Schreiben von Nomina bildet allerdings die Tatsache, dass aus Lt. „McCormack“ auf der Seite 126 plötzlich „McCoy“ wird. Der Leser wird durch solche plötzlichen Sprünge verwirrt und irgendwann verliert er sogar das Vertrauen in die Übersetzerin, seltener genannte Namen überhaupt richtig wiedergeben zu haben.
Neben anderen ständig auftauchenden Fehlern wie etwa bei der Interpunktion, fiel vor allem eine Schwäche bei Genus-bedingten Wortendungen auf: Egal ob bei „[…] mit Glücksspiele […] verschwenden […]“ (S. 20) oder „Ihre fehlendes Ehrgefühl […]“ (S. 164), zusammen mit dass/damit-Schwächen (Vgl. die widersprüchlichen Informationen über die Öffnungszeiten der Läden auf Vanguard, S. 398) oder Substantivierungsfehlern („[…] brachte sie zum lachen […]“, S. 62) ergibt sich ein Gesamtbild, das einem souveränen Sprachgebrauch des Deutschen spottet.
Natürlich könnte ich noch weitere Fehler, wie eine uneinheitliche Schreibweise von aldebaranischem Whiskey (S. 27 bzw. S. 60), mäßig übersetzten Begriffen („Nurse“ S. 95, „Rotalarm“ S. 322, „Ensign“ S. 322) oder abweichenden Schreibweisen zum Pilotroman („Fontana Meadows“ S. 371 statt „Fontana-Auen“) ins Feld führen, aber der allerschlimmste Fehler ist und bleibt ein Ausdruck des bereits toten Stens. Dessen Katra sucht nämlich ständig den Geist seiner früheren Verlobten T’Prynn heim und beweist dabei nicht nur fehlende Zurückhaltung, sondern auch böse grammatische Schwächen. Ich habe zwar keine Ahnung, wie sich ein Imperativ im Vulkanischen anhört, aber dafür weiß ich genau, wie der des Verbs „unterwerfen“ im Deutschen auf keinen Fall lautet:

UNTERWERFE DICH. (S. 66, S. 67, S. 71, S. 72, S. 372, S. 374, S. 376, S. 379)

Anachronismen: Es sind bislang keine gravierenden Störungen der Zeitlinie zu finden. Ich persönlich fühlte mich zwar durch die Anwesenheit eines Schiffes der Daedalusklasse gestört, aber dessen Einsatz wurde so fundiert erklärt, dass man es nicht als einen "wahren" Anachronismus zählen kann.

Fazit: Der zweite Vanguard-Roman „Ernte den Sturm“ ist der beste bislang erschienene Roman der Reihe. Die packende und mitreißende Handlung entführt den Leser in eine gut mit dem Kanon verknüpfte Welt voller Überraschungen und ungewöhnlicher Einblicke. Doch dem genialen englischsprachigen Roman wird durch schlampige Übersetzungs- und Lektorenarbeit ein nicht zufriedenstellendes deutsches Pendant gegenübergestellt, das mit seinen extrem auffälligen Fehlern geradezu nach einer dringend notwendigen Überarbeitung schreit.

Denkwürdige Zitate:

Verdammt noch mal, Tim […] Du bist schlimmer als meine zweite Frau.“ Cervantes Quinn, S. 31

Und wieder wurde der Vorhang von einem der großen Geheimnisse der Diplomatie gelüftet.“ Botschafter Jetanien, S. 148

Ich habe schon Schiffe gesehen, die in einer Schlacht schwer beschädigt wurden […] Und ich habe Schiffe gesehen, die in einen Ionensturm geraten waren. Einmal habe ich sogar ein Schiff bergen müssen, das mit einem Mond zusammengestoßen war […] Commodore, keines der Schiffe sah so schlimm aus wie dieses Stück Schrott.“ Jon Cooper, S. 207

Bewertung: Von der schlampigen deutschen Übersetzung um die volle Punktzahl betrogen.

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Weiterführende Leseliste:

Vanguard 01: Der Vorbote
Vanguard 02: Rufe den Donner
Vanguard 03: Ernte den Sturm
Vanguard 04: Offene Geheimnisse
Vanguard 05: Vor dem Fall

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