Donnerstag, 30. April 2009

Tore auf einer toten Welt

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Buchbesprechung Mitchell, V.E.: Tore auf einer toten Welt, Heyne 1993.

Story: Die USS Enterprise NCC-1701 wurde beauftragt, eine archäologische Expedition zum Planeten Careta IV zu befördern. Auf dessen Oberfläche stoßen Besatzung und Archäologenteam auf ein merkwürdiges Artefakt, das von einem geheimnisvollen Tarnschild verborgen wurde. Es stellt sich schließlich heraus, dass es sich um ein fremdartiges Transportersystem handelt, das nicht von den Tricordern erfasst werden kann. Doch nachdem Chekov zusammen mit einem Mitglied des Forschungsteams innerhalb dieses fremden Gerätes verschwindet, beschließt Captain Kirk, ebenfalls das Portal zu passieren um nach den beiden Vermissten zu suchen.
Doch Kirk muss kurz darauf am eigenen Leib erfahren, dass dieser mysteriöse Transporter all jene, die ihn betreten, in krebsartige Wesen verwandelt. Ihm bleibt nichts weiter übrig, als seine gesamte Willenskraft aufbringen, um diesen neuen Körper und dessen von Instinkten getriebenen Aktionen zu beherrschen. Doch auf der kalten und nahrungsarmen Welt läuft dem Captain und den anderen transformierten Besatzungsmitgliedern die Zeit davon…

Lobenswerte Aspekte: Die Idee, eine Rasse von „Krebsmenschen“ einzuführen, die nicht nur unglaublich viel älter als die Menschheit ist, sondern auch völlig andersartig, hat einen gewissen Charme. Besonders die Sozialstruktur der Rasse, die der besseren Kontrolle einzelner Individuen dient, ist klug durchdacht und geschickt beschrieben. Wie in einem Puzzle setzen sich die Erkenntnisse während des Lesens schließlich zu einem großen Ganzen zusammen.
Den Kampf, den das Bewusstsein Kirks mit dem fremden Unterbewusstsein des Kh!lict führt, ist natürlich in Filmform sehr schlecht umzusetzen und daher drängt sich die Buchform natürlich auf. Diese Auseinandersetzung bleibt dabei nachvollziehbar und man nimmt den Autoren sogar ab, dass es sich um Kirk in einer Krebsform handelt.
Schließlich bleibt mir noch zu erwähnen, dass mich die Tatsache, dass die Krebsmenschen die Mitglieder des Außenteams, die als fremde Intelligenz schlichtweg nicht in ihr Weltbild passten, einfach ignorierten, an den Großmeister der Science-Fiction-Persiflage erinnerten: Douglas Adams himself.
Eigentlich habe ich an dieser Stelle erwartet, dass der tüchtige Spock den PAL-Feldgenerator findet, und das Problem auf diese Art löst.

Kritikwürdige Aspekte: „Tore auf einer toten Welt“ ist natürlich ein ziemlich hochtrabender und nicht unbedingt zutreffender Titel, da es auf Careta IV nachweislich pflanzliches und tierisches Leben gibt. Wenn es nur darum ging, einen Titel mit möglichst alliterativem Klang zu wählen, dann hätte man das ganze wenigstens konsequent „Tore auf einer total toten Tundrawelt“ nennen können. Alternativ wäre auch so etwas wie „Im Krebsgang“ sehr vorausschauend gewesen.
Das knapp 300 Seiten zählende Buch liest sich nicht sehr gut, ist streckenweise sogar ausgesprochen langweilig und die Kapitelabstände sind schlecht gewählt.

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Genau zwischen die Pfosten - Ein Tor, das Fans schnell wieder vergessen haben

Störend ist außerdem, dass sich alles mal wieder um eine ausgestorbene Zivilisation dreht. Nach Folgen aus Star-Trek-Serien wie „Der alte Traum“ „Die Iconia-Sonden“ „Meuterei“ „Die Zähne des Drachen“ oder „Transformation“ oder Büchern wie der Vanguard-Reihe, „Das Klingon-Gambit“ oder „Die Rückkehr“ ist das Thema schon ein wenig ausgetreten. Und wenn Zivilisationen schon aussterben müssen, warum finden nachfolgende Ausgrabungen immer wieder Steingebäude? Sind solche Zivilisationen vielleicht deshalb ausgestorben, weil sie nicht erkannten, dass man Behausungen auch aus anderen Materialien errichten kann?
Neben diesem sind mir aber auch noch einige andere Logikfehler aufgefallen. Wenn die Kh!lict, die über das Aussenden von Farbverläufen kommunizieren, wieso haben sie dann einen auf Lauten basierenden Eigennamen entwickelt? Oder einen Namen für ihre Lieblingsspeise?
Überhaupt ist mir die Bezeichnung „Kh!lict“ etwas aufgestoßen. Da ein „!“ inmitten eines Wortes auf einen Klicklaut hinweisen soll, frage ich mich, wieso die gesamte Besatzung das Wort benutzt, als würden sie ständig Klicklaute in ihre Kommunikation einbauen.

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Indianer Hannes II: Der Tempel der toten Welt mit den Toren

Merkwürdig fand ich auch, dass Spock in diesem Roman die Logik streckenweise verlässt. Zwei Mitglieder eines Außenteams verschwinden, und an der Stelle, an die sie wahrscheinlich teleportiert wurden, befinden sich zwar keine Menschen, aber urplötzlich zwei Krebswesen, die das selbe Körpergewicht aufweisen, wie die beiden verloren gegangenen Personen. Also da wäre ja selbst ein schweinsnäsiger Tellarit schlau genug gewesen, sich die Frage zu stellen, ob die Leute vielleicht tranformiert wurden! Doch Spock, der für meinen Geschmack zu oft unbeherrscht wirkt, ist in diesem Werk ohnehin schlecht getroffen.
Wunderlich fand ich auch, dass ein auf Betäubung gestellter Phaser einen der Kh!lict tötete, aber später konsequent immer wieder auf die selbe Handwaffe zurückgegriffen wird, um die vielfüßigen Wesen temporär außer Gefecht zu setzen.
Eher positiv überrascht war ich dieses Mal von der Übersetzung. Nicht dass es keine Fehler gab, aber im Vergleich zu anderen Büchern hielten sie sich in Grenzen. Wenn man von üblichen Nachlässigkeiten wie „Starfleet“ (S. 23) einmal absieht, dann sind es zumeist schwierigere Begriffe, die nicht unbedingt dem Star-Trek-Jargon aus Film und Fernsehen entsprachen. So sollte man neben technischen Bezeichnungen wie „E-M-Flux“ (S. 231) oder „Energieflux“ (S. 233) vor allem die Spezialitäten japanische Küche erwähnen, die nur unzureichend in unsere Sprache übertragen wurden, wie etwa „Sishusorten“ statt „Sushisorten“ oder „Zitronen-Soy-Tofu-Salat“ statt „Zitronen-Soja-Tofu-Salat“ (beides S. 163). Doch solche fremdländischen Delikatessen waren in den Suoernarktregalen des Deutschlands der ausgehenden Neunziger eher selten anzutreffen und daher kann man bei diesen Fehlern durchaus Nachsicht walten lassen. Dass die Königskrabben hingegen Krabben, und keine „Königskrebse“ (S. 134) sind, sollte dennoch verbessert werden, um nicht zukünftigen Generationen von Biologiestudenten das Leben unnötig schwer zu machen.
Abschließend sollte noch festgehalten werden, dass die andauernden Dritte-Reichs-Vergleiche nervend waren. Ich denke, dass es keine Diskussion darüber geben kann, welche tiefe und nie wieder gut zu machende Schuldlage in Deutschland in Bezug auf diese Zeit besteht, aber im Vergleich zu den Krebsmenschen hinkten diese ständige Verbindungssuche dann doch ein wenig.

Anachronismen: Mir sind kaum welche aufgefallen, da sich die Geschichte weit von der Föderation entfernt auf einem einsamen Planeten abspielt. Doch etwas hat mich schon verwundert: An einer Stelle wird beschrieben, dass sich Chekov beim Anblick einer außerirdischen Archäologin an eine Hexenmaske erinnert fühlte, „die man bei den Schöpfungsspielen auf Devron 5 verwendete“ (S. 65). Mal abgesehen davon, dass Planeten mit römischen Ziffern versehen werden, ist im TNG-Serienfinale „Gestern, Heute, Morgen“ zu erfahren, dass sich das Devron-System zu jener Zeit in der Romulanischen Neutralen Zone befindet, zu der niemand Zutritt hat. Folglich hat Chekov entweder gegen die Friedensvereinbarungen von 2160 verstoßen oder es gibt noch ein anderes Devron-System.

Fazit: Dieser Roman liest sich zwar nicht allzu besonders gut, aber geizt mit den sonst so verbreiteten Übersetzungsfehlern und Anachronismen. Viele seiner Grundideen sind außerordentlich gut, auch wenn sie oft nicht bis zum bitteren Ende durchdacht sind. Wenn man sich bis zum bitteren Ende vorangekämpft hat, muss man einsehen, dass auch dieses Werk auf Altbewährtes setzt, auch wenn einige Einfälle im Grunde zweifellos gut sind. Alles in allem ist „Tore auf einer toten Welt“ ein mittelprächtiger Roman der nur an wenigen Stellen in der Lage ist, den Leser wirklich zu fesseln.

Denkwürdige Zitate:

Und Sie wollen, daß ich Ihnen helfe, dieses Geheimnis zu lüften?“
Im Moment nehme ich jede Hilfe an, die ich bekommen kann, und sei sie noch so gering und unbedeutend.“ McCoy und Spock, S.131

Ich bin Arzt, kein Meeresbiologe.“ McCoy, S. 198

Immer bereit, Mr. Spock.“ Tallieur, S. 217

Bewertung: Das Tor zu einem mäßig interessanten Leseabend.

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3 Kommentare:

  1. Würde mich mal wunder nehmen, wie lange du für das vertilgen eines Trek-Romanes benötigst?? :-)

    Dieses Buch ist momentan noch nicht in meiner Sammlung - und wie ich sehe, auch noch kein unbedingtes "must have".

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  2. Kommt auf den Roman an. Vanguard oder Titan kosten mich schon mindestens fünf Tage, ein normaler 300-Seiten-Roman ist mit drei bis vier Tagen dabei und die Starfleet-Kadetten-Bücher haben mich noch nie länger als einige Stunden meiner Zeit gestohlen.
    Doch wie gesagt, dieses Buch ist nicht unbedingt empfehlenswert...

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  3. Was mich an der Übersetzung noch stört ist, dass es ständig im Passiv "erschreckt" statt "erschrocken" heißt und die Formulierung: "Er zuckte die Achseln." anstatt "Er zuckte mit den Achseln".
    Und dass sich das außerirdische Volk bei einem Laut nennt, obwohl es sonst mittels von Verfärbungen ihres Körperpanzers verständigt, hat mich mindestens genauso geärgert wie Turon.

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