Mittwoch, 8. April 2009

Das Rätsel der Fazi

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Buchbesprechung Rusch, Kathryn; Smith, Dean Wesley: Das Rätsel der Fazi, Heyne 2002.

Story: Die Enterprise NX-01 stößt auf einen unbekannten Planeten, der von einer unbekannten Rasse namens Fazi bewohnt wird. Doch diese sind nicht die einzig vernunftbegabte Spezies auf dem Planeten. Auf einem anderen Kontinent gibt es eine weitere Zivilisation, die sich völlig von der klar strukturierten Kultur der Fazi unterscheidet. Doch sämtliche Kontaktaufnahmen enden im Fiasko; die Fazi geraten durch ihre strikten Protokolle zur Zerreißprobe für die Nerven Archers, während die spinnenartigen Hipon nicht auf normalem Weg mit Humanoiden kommunizieren können: Alle Crewmitglieder, die in Kontakt mit der telepathischen Rasse kommen, verlieren den Verstand…

Lobenswerte Aspekte: Um es gleich in die Welt hinauszuposaunen: Dieser gut geschriebene Roman geizt mit Übersetzungs- und Rechtschreibungsfehlern! Wenn man von Wiederholungstaten wie „Starfleet“ statt „Sternenflotte“ absieht, so ist dieses Buch eine wahrlich wohltuende einsame Insel in einem weiten Meer von fehlerstarrenden Star-Trek-Romanen.
Das Besondere an diesem Werk bildet jedoch die Fokussierung auf Crewman Elizabeth Cutler. Dieser äußerst sympathische Charakter, der uns in drei Folgen der ersten Staffel Enterprise begegnete, tauchte im weiteren Verlauf der Serie nicht mehr auf, weil die Schauspielerin Kellie Waymire 2003 im Alter von lediglich 36 Jahren plötzlich verstarb. Schon allein dass ihr nun in diesem Buch soviel Platz gelassen wird und ihr Charakter auch recht treffend wiedergegeben wurde, macht diesen Roman durchaus lesenswert.
Doch generell sind fast alle Charakterdarstellungen in diesem Buch sehr gelungen. Neben Mayweather und Hoshi sind besonders die „Wortduelle“ zwischen T’Pol und Trip hervorzuheben, die sich wirklich äußerst nah am Original befinden.
Die übersichtlichen Kapitel ermöglichen besonders gut, dieses Buch während kurzer Straßenbahn- oder Busfahrten nebenbei zu lesen, ohne dass man gezwungen wird, an besonders verworrenen Punkten aufzuhören, nur weil man schnell aussteigen muss. Tatsächlich gelang es mir bis auf eine Ausnahme (in der ich, ins Lesen vertieft, eine Station zu weit fuhr), stets das Kaptitel rechtzeitig zum Erreichen der Haltestelle zu beenden. Die Kapitellänge ist also entweder toll konzipiert oder doch wenigstens ein genialer Zufall.
Auch die Atmosphäre der Serie, die den Aufbruch der Menschen ins All beschreibt, ist gut getroffen. Neben den nachvollziehbaren technischen Mängeln (wie denen des Transporters) des Schiffes bemerkt man bei den einzelnen Figuren ihren Enthusiasmus, und kann deren gelegentlichen Schwierigkeiten miterleben, mit der beengten Situation an Bord des Raumschiffes klarzukommen. Einige Szenen erinnern sogar an die TNG-Folge „Beförderungen“, da oft der Fokus von den etablierten Brückenoffizieren auf eine kleine Gruppe von Rollenspielern gelenkt wird, die größtenteils eher untergeordnete Positionen innehaben.
Dieses Rollenspiel ist, sobald man sich an die Idee gewöhnt hat, dass solche Leute sich so durchaus selbst die Zeit vertreiben könnten, ganz unterhaltsam und erinnert zuweilen an die eigenen spannende Abenteuer und haarsträubende Würfelergebnisse.

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Zwei rote, und acht weiße Bolzen! Was wollen die Würfel uns damit sagen??

Kritikwürdige Aspekte: Es fällt zuallererst einmal auf, dass verschiedene Storyelemente und die Diskussion um eine noch nicht existierende erste Direktive an die Folge „Lieber Doktor“ erinnern. Das liegt sicherlich an der Entstehungszeit des Romans, der wohl erschienen ist, bevor diese Folge ausgestrahlt wurde. Das würde jedenfalls auch erklären, warum die verschiedenen Tiere, die Dr. Phlox aus medizinischen Gründen auf der Krankenstation hält, nicht auf die dort wild herumrandalierende Riesenkrabbenspinne reagieren.
Darüber hinaus fehlten mir ab und zu die Zeitangaben im Logbuch, denn es ist verwirrend, die Geschehnisse in einen chronologischen Rahmen einzuordnen. Dass es nach der Folge „Geistergeschichten“ spielen muss, ist klar, aber man kann nur anhand von Indizien darauf schließen, dass die Handlung vor „Verschmelzung“, „Der kalte Krieg“ und „Die Saat“ angesiedelt sein müsste.
Dann gibt es natürlich noch kleinere Fehler wie die Beförderung Cutlers: Obwohl sie in der Serie durchgängig als „Crewman“ bezeichnet wird, trägt sie hier urplötzlich den Rang eines Fähnrichs. Auch die Konstruktion eines Adapters für eine telepathische Kommunikation und den Bau eines psionischen Schutzschildes fand ich sehr verwirrend – geriet diese Technologie denn wieder in Vergessenheit? Das Fehlen dieser Technologie bei TOS, TNG, DS9 und VOY ließe dann nämlich nur noch einen logischen Schluss zu:
Dass bereits Kirk und Co., die sich so verdammt oft gegen Psi-Einwirkungen anderer Rassen und Personen wehren mussten (Gary Mitchell, Vianer, Platonier, Charlie Evans, Talosianer etc.), selbst Schuld waren! Sie haben es scheinbar schlichtweg versäumt, ihre eigenen Datenbanken nach Erfindungen vorangegangener Epochen zu überprüfen!
Der Hauptkritikpunkt liegt meines Ermessens allerdings in der Erzählweise. Die Geschichte benötigt einen langen Anlauf und bevor es überhaupt zu einer halbwegs spannenden Situation kommt, muss der Leser schon mal das halbe Buch gelesen haben. Das ist natürlich etwas viel – ein Auto, dass mit einer Beschleunigung von null auf fünfzig innerhalb einer halben Stunde arbeitet, wird sicherlich auch niemand kaufen wollen.
Schließlich bleibt zu bemerken, dass mir an einigen Stellen Archers Vorgehensweise rätselhaft, wenn nicht sogar doof vorkam. Er tapst von einem Führungsfehler in den nächsten und erscheint zuweilen einfach nicht als dieselbe konsequente Person, die man aus der Serie kennt.

Anachronismen: Abgesehen von den oben bereits geschilderten Problemen, die sich für die darauf folgenden Serien ergeben, gibt es keine großen chronologischen Brüche. Selbst die Tatsache, dass Archer seinen Kommandosessel als besonders angenehm empfindet, beißt sich, trotz meiner ersten Zweifel, nicht zwangsläufig mit den Ereignissen in der Episode „Eigenarten“, da die dort beschriebene Umgestaltung des Stuhls ja auch den übertriebenen Enthusiasmus Tuckers zurückgeht.

Fazit: Der Roman glänzt durch die Abstinenz von Übersetzungs- und Rechtschreibfehler und die Zentrierung auf Elizabeth Cutler. Andererseits verzichtet er nicht auf die üblichen kleinen Anschluss- und Logikfehler und braucht ewig, um auf den Punkt zu kommen. Dennoch bietet er interessante Einblicke ins Bordleben und unterhält auf eine andere Weise, als auf Action, Spannung und/oder Erotik zu setzen. Wenn man also bereit ist, auch mal einen Roman zu lesen, der den Crewalltag und einen mäßig spannenden Erstkontaktversuch beschreibt, kann man sich mit diesem Werk durchaus anfreunden.

Denkwürdige Zitate:

Ein vollständig automatisch arbeitender Translator wird nie möglich sein.“ Hoshi Sato, S. 10

Ziel tief, Sherriff, […] die Marsianer reiten Ponys.“ Travis Mayweather, S. 57

An Bord von Raumschiffen wird man Freizeit und Erholung nie viel Platz einräumen.“ Anderson, S. 91

Vulkanier kennen keine >Annahmen<.“
Von wegen. Die ganze Zeit gehen Vulkanier von irgendwelchen Annahmen aus. Sie nehmen an, mehr zu wissen als andere, überlegen zu sein…“ T’Pol und Trip, S. 152

Bewertung: Ein netter Kellie Waymire Gedächtnisroman ohne großen Spannungsbogen.

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Weiterführende Leseliste:

Die bei Heyne erschienenen deutschsprachigen Enterprise-Romane:

Aufbruch ins Unbekannte
Das Rätsel der Fazi
Der Preis der Ehre
Suraks Seele

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